Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? (Jeremia 23,23)
Liebe Gemeinde, liebe Leser,
was Jesaja da schon vor langer Zeit über Gott aussagt, deckt sich auch heute noch mit unseren Glaubenserfahrungen: Gott ist mal ganz nah und dann haben wir das Gefühl, Er sei ganz weit weg. Das entspricht sogar der Erfahrung, die sein Sohn selbst am Kreuz gemacht hat. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk. 15, 34) In dieser Spannung gilt es den Glauben zu leben – ganz praktisch. Dogmatische Wahrheiten sind eine Seite, das Leben – auch das Glaubensleben – mit seinen Höhen und Tiefen, sind die andere Seite. Manchmal wird in den Tiefen des Lebens unser Glaube geprüft und hält er stand, gehen wir oft gestärkt weiter unsere Wege. Früher sprach man gerne in diesem Zusammenhang von „Läuterung“. Heute scheint uns dieser Ausdruck als altmodisch und vielleicht sogar etwas übertrieben. Man müsse es mit dem Glauben auch nicht übertreiben, „die Kirche im Dorf lassen“ und doch mehr der Welt zugewandt sein. Auch da wieder eine große Spannung zwischen dem Auftrag der Welt ein Zeugnis des Glaubens zu geben und mit ihr und den Menschen im Austausch zu bleiben und auf der anderen Seite eben auch nicht dem Zeitgeist (wie auch immer man diesen definiert) gänzlich zu verfallen. Direkte Weisung von Gott werden sich manche Mitchristen wünschen, damit die Debatten ein Ende haben, die auch unsere Kirche in letzter Zeit immer mehr gefangen nehmen. Was ist nun richtig, was dürfen oder sollten wir sogar ändern? Was muss bleiben wie es ist?
Wir kommen nicht herum um eine Auseinandersetzung mit den Fragen unserer Zeit, den Fragen, die an die Kirche und den Glauben gerichtet werden und unsere Fragen an Gott selbst! Unser Gott ist aber auch dann immer wieder ganz nah und manchmal auch ganz fern.
Eine Generallösung für alle Fragen gibt es nicht. An einer inhaltlichen Auseinandersetzung kommen wir nicht vorbei. Aber, wir dürfen bitten um Einsicht, Weisheit, Liebe im Umgang miteinander und um Klarheit. Wir dürfen Gott bitten wie wir es in dem Lied „Da wohnt ein Sehnen tief in uns“ immer wieder tun: „Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. … Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht – sei da, sei uns nahe, Gott.“ (ELKG² 628, KV 2)
In diesem Sinne grüßt herzlich
Ihr/euer Pfarrer Frank-Christian Schmitt